GEO-Recherchen zeigen Betrugsmanöver im Zertifizierungssystem
Hamburg (ots) - Werden Bauern in China von ihrem Land vertrieben, damit deutsche Stromkonzerne weiter Braunkohle verfeuern dürfen statt in alternative Energiegewinnung zu investieren? Wird der Klimaschutzbeitrag deutscher Stromkunden dazu verwendet, den Ausstoß des Klimagiftes CO2 zu subventionieren? Dies legen Recherchen des Magazins GEO nahe, das in seiner aktuellen Ausgabe die Hintergründe des globalen Emissionshandels beleuchtet.
Seit 2005 soll der von der EU beschlossene Handel mit "Verschmutzungsrechten" dazu dienen, den CO2-Ausstoß von Kraftwerken und Industrieanlagen in Europa zu verteuern. Damit sollen die Betreiber dieser Anlagen motiviert werden, in den Klimaschutz zu investieren. Das System lässt allerdings ein Schlupfloch offen: Die betreffenden Firmen kaufen jährlich für Milliarden Euro billige Verschmutzungsrechte bei vermeintlichen Klimaschutzprojekten in China, Indien und der Dritten Welt ein.
GEO-Recherchen auf vier Kontinenten zeigen gravierende Mängel in diesem Kompensationsgeschäft auf. Etliche Projekte, die angeblich das Klima schützen, führen in Wahrheit zu erhöhten Emissionen von Treibhausgasen. So klassifizierte der Münchner TÜV Süd einen Staudamm in der chinesischen Provinz Guizhou als klimafreundlich und sozialverträglich. GEO-Recherchen vor Ort legen den Verdacht nahe, dass der Betrieb zu keinerlei CO2-Reduktionen führt. Dennoch darf RWE Zertifikate aus diesem Projekt nutzen, um etwa in seinen deutschen Braunkohlekraftwerken CO2 auszustoßen.
Auch die Einschätzung des TÜV Süd, alle betroffenen Anwohner hätten ihrer Umsiedlung nach dem Bau des Damms zugestimmt, ließ sich nach GEO-Recherchen nicht halten. Reporter des Magazins trafen Bauern, die berichteten, die Überschwemmung ihres Landes habe zu Armut und Obdachlosigkeit geführt. Sie seien von den Lokalbehörden gezwungen worden, ihrer Umsiedlung zuzustimmen, sagten die Bauern; manche seien gewaltsam aus ihren Häusern vertrieben, andere krankenhausreif geprügelt worden.
Auch die Hoffnung, dass der Emissionshandel in Zukunft helfen könnte, die Abholzung der Regenwälder zu stoppen, erweist sich nach dem Bericht in der Dezember-Ausgabe von GEO zumindest in bestimmten Weltgegenden als trügerisch. In Papua-Neuguinea stieß eine Reporterin des Blattes auf weit verbreitete Betrugsabsichten bereits in der Vorbereitung auf den Handel mit Verschmutzungsrechten aus dem Waldschutz. "Himmelsgeld" wird der Profit aus dem Kohlendioxid-Ablasshandel dort genannt - und ahnungslose Waldbewohner glauben, sie müssten die Asche verbrannter Bäume in der Stadt abliefern, um an das Geld zu kommen.
Vom 29. November bis zum 10. Dezember wird die internationale Staatengemeinde im mexikanischen Cancún einmal mehr über den Klimaschutz verhandeln. Der GEO-Report, der am 19. November im Zeitschriftenhandel erscheint, zeigt eine zentrale Schwachstelle des Planes auf, den Temperaturanstieg mittels Emissionshandel auf zwei Grad zu begrenzen.
Die aktuelle Ausgabe von GEO ist ab sofort im Handel erhältlich, hat 188 Seiten und kostet 6,30 Euro.
Quelle: GEO