klimawandel

Gesamtes Ökosystem der Ostsee würde von nachhaltiger Fischerei profitieren

Europäische Forscher weisen erstmals gemeinsam auf Bedeutung intakter Dorschbestände hin

Hamburg (ots) - 16 europäische Meeresforscher haben erstmals gemeinsam daraufhin gewiesen, dass schwerwiegende Probleme der Ostsee durch eine nachhaltige Fischerei verbessert werden könnten. Dies wäre der effektivste Ansatz, um insbesondere die teils drastischen Folgen der Überdüngung in kurzer Zeit abzufedern. Möglich wird dies durch die in der Ostsee sehr überschaubare Nahrungskette. Intakte Dorschbestände könnten deswegen sogar die ungeliebten und gefährlichen Algenblüten reduzieren.

Die Ostsee gilt nach wie vor als eines der am stärksten belasteten Meere überhaupt. Grund hierfür ist der relativ geringe Wasseraustausch mit der Nordsee. Klimatische Veränderungen könnten diesen Austausch sogar noch zusätzlich erschweren. Für die immer wärmer werdende und stark mit Nährstoffen belastete Ostsee verheißt dies nichts Gutes. Starke Algenblüten in großen Gebieten der Ostsee und sauerstofffreie Todeszonen im Tiefenwasser sind schon jetzt deutlich sichtbare Effekte der Überdüngung.

In Ihrer Erklärung haben die europäischen Meeresforscher erläutert, wie einige dieser Entwicklungen durch gesunde Fischbestände gelindert werden können. Eine besonders wichtige Rolle spielt hierbei der Dorsch, der an der Spitze der Nahrungskette steht. Dorsche ernähren sich von Heringen und Sprotten. Das heißt: Je mehr Dorsche in der Ostsee leben, desto geringer sind die Herings- und vor allem die Sprottenbestände. Weniger Heringe und Sprotten führen zu einer vergrößerten Biomasse des tierischen Zooplanktons, welches dann schließlich zu einer Verringerung des pflanzlichen Phytoplanktons führt. Da folglich weniger tote organische Masse zersetzt werden muss, verbliebe laut den Wissenschaftlern mehr vom lebensnotwendigen Sauerstoff im Wasser. "Kurz gesagt, kann man davon ausgehen, dass größere Dorschbestände zu einer besseren Wasserqualität in der Ostsee beitragen können", erläutert Prof. Dr. Christian Möllmann vom Institut für Hydrobiologie und Fischereiwissenschaft der Universität Hamburg, der an dem Projekt beteiligt war.

Auch wenn sich die Dorschbestände leicht erholt haben, befinden sie sich noch immer auf einem kritischen Niveau, welches die negativen Effekte der Überdüngung nicht entscheidend lindern kann. Zudem können veränderte Umweltbedingungen und hoher Fischereidruck den Bestand kurzfristig wieder kippen lassen. Die Wissenschaftler appellieren deswegen an die Politik, moderate Fangquoten zu verabschieden und nicht der Versuchung zu erliegen, die Erholung der Bestände zugunsten kurzfristiger wirtschaftlicher Interessen erneut zu gefährden. Darüber hinaus betonen sie, dass die Verringerung der Nährstoffeinträge erst in vielen Jahren zum Tragen kommt, intakte Dorschbestände sich jedoch in sehr viel kürzerer Zeit positiv auswirken.

Das Fazit von Möllmann und seinen skandinavischen Kollegen lautet deswegen, dass ein ökosystembasierter Ansatz zum Management der Ostsee viele Vorteile und Synergien erzielen würde. Eine moderate Nutzung der Dorschbestände, auch nachdem diese wieder auf ein gesundes Niveau angewachsen sind, würde endlich wieder zu einer nachhaltigen Fischerei mit langfristig weit höheren Fangmengen führen. Neben den Fischern selbst würden auch die verarbeitende Industrie und der Tourismus von höheren Fangmengen und einer intakten Meeresumwelt profitieren. Eine nachhaltige Fischereipolitik würde somit nicht nur helfen, wichtige Zielsetzungen hinsichtlich des Ökosystems zu erreichen. Vielmehr würde sie dazu beitragen Küstengemeinden in ansonsten strukturschwachen Regionen zu stärken.